4 Fragen an…
Prof. Dr.-Ing.
Manfred Fischedick

Ohne eine gesunde
Portion an Pragmatismus
geht es nicht.

Herr Prof. Dr. Fischedick, die gesellschaftliche Akzeptanz für den Klimaschutz zu stärken wird immer wichtiger. Wie sollte kommunaler Klimaschutz grundsätzlich aussehen, damit Bürger*innen sich damit identifizieren? Und damit sie motiviert sind, sich selbst ebenfalls mehr für den Klimaschutz zu engagieren?

Bürger*innen muss die Möglichkeit gegeben werden, sich am Klimaschutz aktiv zu beteiligen. Kommunen kommt damit zusammen mit Bund und Ländern entsprechend die Aufgabe zu, eine Ermöglichungskultur zu schaffen und Teilhabe zu organisieren. Man kann von Bürger*innen beispielsweise nur dann ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten in der Breite erwarten, wenn ihnen eine attraktive und sichere ÖPNV-, Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht. Teilhabe heißt aber auch, mit Bürger*innen zusammen Lösungen zu erarbeiten, z.B. im Rahmen der Quartiersentwicklung. Reallabore können dafür ein sinnvolles Format sein.

Schnell sichtbare Erfolge haben für alle Beteiligten einen motivierenden Charakter. Was sollte aus Ihrer Sicht auf kommunaler Ebene relativ einfach umsetzbar sein?

Sichtbar, multiplikativ wirkend und schnell umsetzbar ist eine Ausbauoffensive Photovoltaik in der Stadt. Der Hebel dafür könnten konzertierte Aktionen sein, in denen Stadtverwaltung, regionaler Energieversorger, IHK, Handwerk, Umweltverbände etc. eine gemeinsame Initiative ergreifen und für Umsetzung werben. Parallel dazu müssen auf kommunaler Ebene einfach zugängliche Beratungsstrukturen geschaffen werden und Dienstleistungsangebote entstehen, die die Umsetzung so leicht wie eben möglich machen und den Bürger*innen unterschiedliche Beteiligungsmöglichkeiten bieten wie z.B. eigene Investition, Vermietung der Dachfläche, Mieterstrommodelle und Beteiligung an Gemeinschaftsanlagen.

Das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen wird zunehmend immer schwieriger. Was muss passieren um trotz verwaltungstechnischer Hürden mehr Schwung und Tempo in den kommunalen Klimaschutz zu bekommen?

Ohne eine Stärkung, Professionalisierung und bessere Vernetzung der kommunalen Strukturen wird es ebenso wenig gehen wie ohne eine gesunde Portion an Pragmatismus mit dem Mut neue Lösungen umsetzen zu helfen und dabei Routinen und Pfadabhängigkeiten zu überwinden.

Haben Sie für kommunale Klimaschutzmanager*innen sonst noch einen guten Tipp?

Eine zentrale Herausforderung auf der kommunalen Ebene ist, Klimaschutz zum natürlichen Thema in allen Bereichen der Verwaltung zu machen. Vor diesem Hintergrund ist die Vernetzung nach innen, das Werben für den Klimaschutz als ureigene Gestaltungsaufgabe mindestens genauso wichtig wie nach außen. Dabei geht es nicht darum, Klimaschutz als Zusatzaufgabe zu verstehen, sondern als zentraler integrierter Bestandteil insbesondere einer Verkehrs-, Stadtentwicklungs-/-planungs- und Sozialpolitik.

Zur Person.

Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts und außerplanmäßiger Professor des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften – Schumpeter School of Business and Economics an der Bergischen Universität Wuppertal. Promoviert hat er im Bereich der Energietechnik an der Universität Stuttgart, studiert hat er Verfahrenstechnik an der Universität Dortmund.

Das Wuppertal Institut ist einer der führenden internationalen Think Tanks für eine impact- und anwendungsorientierte Nachhaltigkeitsforschung. Im Fokus steht die Gestaltung von Transformationsprozessen bis hin zu einer klimagerechten Welt. Das übergeordnete Ziel ist eine treibhausgasneutrale und ressourcenleichte Gesellschaft bis 2050. Dafür erforscht und entwickelt das Institut Leitbilder, Strategien und Instrumente für Übergänge zu einer nachhaltigen Entwicklung auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Bildquellen:
Wuppertal Institut,
LarsLangemeier.de